Wehrpflicht, Zivi, Soziales Jahr

Der Dienst an der Waffe im Namen der Gesellschaft? Darüber wird dieser Tage immer wieder diskutiert. Dabei wurde die Allgemeine Wehrpflicht erst im Juli 2011 abgeschafft.
Bereits am Tag Gründung der Bundeswehr im Jahr 1954 störten linksgerichtete und selbsternannte »Kriegsgegner« das Gelöbnis, weil sie der Meinung waren, dass sie selbst der Gesellschaft nichts schuldig seien. Von damals älteren Gegnern der Bundeswehr kamen Einwände, dass man des Krieges müde sei – nachvollziehbar, denn zu dieser Zeit war der Zweite Weltkrieg gerade mal neun Jahre vorbei. Und nur 12 Jahre nach Abschaffung der Wehrpflicht hört man ähnliche Argumente. Viele dieser Protestler*innen haben die Wehrpflicht jedoch nie erlebt, und für Information sind viele resistent.

Sogenannte »Systemverweigerer« gab es schon immer. Nichts und niemand kann Systemverweigerern überhaupt irgendwas recht machen. Egal, wie viel Mühe man sich gemacht hat, es wird nie deren Ansprüchen genügen.
Man hatte – entgegen Aussagen vieler Bundeswehrgegner – sehr wohl die Möglichkeit zu wählen, ob Bundeswehr, Zivi oder Verein, man musste sich selbst um einen Platz als Zivi bemühen. Wer allerdings die Zeit verstreichen ließ, wurde dann erst zur Bundeswehr bestellt. Zunächst wurde man zum Kreiswehrersatzamt zur Musterung geladen. Dort wurde man auf körperliche Funktionen getestet, um anschließend zu ermitteln, ob man für Heer, Luftwaffe oder Marine geeignet ist, und in den jeweiligen Streitkräften wurde geprüft, für welche Einheit. Die Tauglichkeit wurde in T1 (Topform) bis T5 eingeteilt. T5er waren zu diesem Zeitpunkt die »Kaffeekocher vom Dienst“. Viele Jahre wurden dann auch T6 und T7 eingeführt (siehe unten).
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Die Regeln
Die meisten Menschen, die ihren Grundwehrdienst ENTWEDER bei der Bundeswehr ODER im Zivildienst geleistet haben (beispielsweise in einem Pflegeheim, in einem Krankenhaus oder im Rettungsdienst oder ersatzweise 10 Jahre lang Ehrenamt in einem Verein) erzählen noch heute, dass ihnen der Grundwehrdienst Freude gemacht und im Leben eine moralische Stütze gewesen ist. Viele kannten nur »Hotel Mama« und die Schule, wo sie manche Lehrerin oder manchen Lehrer um den Finger gewickelt hatten. Im Zivildienst oder eben bei der Bundesehr lernte man, dass es im Leben nicht nur um einen selbst geht, außerdem wurde man im Dienst gesiezt und lernte so, zwischen privaten Freunden, Kameraden und Vorgesetzten zu unterscheiden. Private Freunde sind wichtig. Beim Militär sind es aber die Kameraden, die einen aus dem Dreck holen – dazu wurde man während der Wehrpflicht sogar erzogen. Da gab es kein »Geh weg, ich kann dich nicht leiden!«. Denn auch derjenige, den man nicht leiden konnte, erhielt dieselbe Ausbildung, deshalb war man auf Kameradschaft angewiesen.
Und ünerhaupt: um 6 Uhr wecken und um 6:35 Uhr war Frühappell – diese Zeit stand einem zur Verfügung, um das Bett ordnungsgemäß herzurichten, sich zu waschen oder zu duschen, für Mundhygiene und um in der Kantine zu frühstücken. Wer bis zur Bundeswehrzeit morgens nie gefrühstückt hatte, lernte es dort, denn die nächste Pause war – für alle zusammen – um 9 Uhr. Zwischenzeitlich meldete sich der Hunger von selbst.
Frauen mussten keinen Wehrdienst leisten, deshalb traf man auf Frauen höchstens im Sanitätsdienst. Bei der Bundeswehr lernten also Jungs, die zu standhaften und aufrichtigen Männern ausgebildet wurden, wie man ein Hemd im DIN-A4-Format faltet, wie man Kleidung, Stube und Gewehr pflegt, und wie man im freien Feld ohne App zum Ziel kommt und wie man Nahrung findet, ohne verhungern zu müssen.

Als Zivildienstleistender, wo allen Gerüchten nach »Drückeberger und Schwule« waren, lernte man zum Beispiel mehr über Hygiene, über Hauswirtschaft und vor allem vermehrt den Umgang mit Menschen, also zum Beispiel mit sozialen Randgruppen, mit Behinderten oder mit Demenzkranken. Aber auch Disziplin, Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. War man(n) im Gesicht unrasiert und wollte einen Bart tragen, musste man diesen schriftlich beantragen. Auch das Entfernen des Bartes bestimmte man nicht selber, ebenso die Kurzhaarfrisur.
»Haben Sie gedient?« Auch im Lebenslauf machte sich der Eintrag des Grundwehrdienstes gut. Die Chefs wollten wissen, ob man zur Anpassung bereit ist und auch mal Kompromisse eingehen kann, dass alles ein Geben und ein Nehmen ist. Manche Chefs rechneten den Zivildienst sogar hoch an und finanzierten zum Beispiel neben dem PKW-Führerschein auch eine Umschulung zum Pfleger (3-jähriger Ausbildungsberuf), durch den Zivi war ja Berufserfahrung vorhanden.

 

Die Vorzüge
Zwar war der Sold bei der Bundeswehr rech niedrig, aber auch dort genoss man auch als Grundwehrdienstleistender gewisse Vorzüge: zum Beispiel wurde die bereits bestehende Wohnungsmiete übernommen, und wenn man als LKW-Fahrer eingestuft war, wurde dieser finanziert und das Umschreiben von Bundeswehrführerschein auf Zivilführerschein kostete gerade mal 70 D-Mark (anstatt im zivilen Leben 2.400 D-Mark). Ebenso konnte man den Motorradführerschein oder den Busführerschein erwerben und nach Umschreibung zivil verwenden.

Ab etwa Mitte der 1970er Jahre hat man begonnen, die Bundeswehr zu reduzieren und rationalisieren. Waren es anfangs noch 18 Monate, die man als Drundwehrdienstler zu leisten hatte, so waren es im Jahr 2011 nur noch 6 Monate. Dienten zu Beginn der 1990er Jahre inklusive der Zeitsoldaten und der Wehrpflichtigen noch 500.000 Soldaten, waren es zu Beginn der nuuller Jahre bereits nur noch 150.000 Soldaten. Auch die Waffen waren schon damals veraltet, das Gewehr G3 (Vorgängerin des G36) stammte aus dem Jahr 1965. Und obwohl die Bundeswehr nach der Jahrtausendwende teils mit neuen Waffen und mit neuen Waffensystemen ausgestattet wurde, sind diese nach nun 20 Jahren auch schon wieder veraltet.

Die im Februar 2022 versprochenen 100 Milliarden für die Bundeswehr sind im Grunde keine schlechte Idee. Dann sollten aber die Infrastruktur und noch davor die Bügerinnen und Bürger, namentlich WÄHLER genannt, mindestens genauso viel wert sein.
Die Gewaltenteilung (Legislative, Judykative und Exekutive) dürfte bekannt sein. Was bringt aber ein Militärapparat, der zum einen nur bedingt funktioniert, und der zum anderen kein Volk zum verteidigen hat?! Wer sich sicher fühlt, rebelliert weniger, deshalb ist die Innere Sicherheit wichtiger als die Äußere Sicherheit.
A propos rebbellieren: die eingangs erwähnten notorischen Nörgler kritisierten ständig und unterstellten dem Staat Eingriffe in die Freiheit. Dass manche die Zeit ab Musterung verstreichen ließen, erwähnt nicht jeder. Und dann gab es diejenigen, die entweder einschlägig vorbestraft waren oder zu klagen versuchten, bis sie das 25. Lebensjahr überschritten hatten und deshalb nicht mehr zum BUND mussten.

Übrigens gibt es auch für ein Ehrenamt, also fritte Möglichkeit, eine rechtliche Grundlage. Da passiert nichts per Handchlag, als ob man ehrenamtlich für den Nachbarn einkaufen gehen könne, sondern ausschließlich per Vertrag. Und darin steht, dass man sich für mindestens ein Jahr verpflichtet, mindestens 120 Stunden im Jahr ehrenamtlich (unentgeldlich) zur Verfügung zu stellen.
Für eine dieser drei Möglichkeiten musste man sich entscheiden. Hatte man angefangen, gab es nur selten ein Zurück, es sei denn durch längere Krankheit. Ein weiteres Ausschlusskriterium war, dass bereits zwei leibliche, ältere Brüder bei der Bundeswehr waren, Ist man dem eigenen Einberufungsbefehl jedoch nicht gefolgt, griff entweder § 15 Wehrstrafgesetz (unerlaubte Abwesenheit) oder, im Falle häufigen fern bleibens, § 16 Wehrstrafgesetz (Fahnenflucht. Die Strafe bei beiden Delikte konnte Geldstrafe, Bewährung oder Gefängnis nach sich ziehen. Und schon sind wir wieder bei den notorischen Nörglern.
Mal ehrlich: unsere Gesellschaft ist gespalten wie noch nie, immer mehr »Freigeister« und Idealisten. Ein SOZIALES JAHR für alle, beinhaltend 24 Monate, sofern nicht schon gedieint oder geleistet, täten unserer Gesellschaft wieder gut.

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